Konfirmationslager in Taizé
Mittwoch, 13. - Sonntag, 17. August 2003


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Fünfzehn Jugendliche begannen ihr Konfirmationsjahr im Kloster, in der ökumenischen Bruderschaft in Taizé: von der Goldküste ins Burgund, vom weichen Bett auf den harten Zeltboden. Das einfache Leben in der Communauté von Taizé hinterliess Spuren.
4000 Menschen singen in der Kirche. 4000 Menschen schweigen, miteinander und doch jeder für sich. 4000 schauen in dieselbe Richtung. Das ist Taizé. Jugendliche aus Schweden, Litauen, Korea oder der Schweiz verständigen sich mit Händen und Füssen, Tausende stehen kurz vor sieben Uhr abends in der Schlange, um ihr Essen zu fassen.

Behutsam in das Risiko
20 der 4000 Menschen in dieser letzten Sommerferienwoche kommen aus Herrliberg, 15 Jugendliche, drei Leiterinnen und ein Leiter der Cevi Herrliberg/Erlenbach und der reformierte Pfarrer Andreas Schneiter-Kranich. Zum zweiten Mal wagt er es, die Jugendlichen behutsam in eine fremde Welt einzuführen, die Welt von rund 100 Mönchen, den Brüdern von Taizé. Jedes Jahr heissen sie Tausende von jungen Menschen willkommen, die mit ihnen den Tagesrhythmus teilen, die drei Gebete am Tag, die Gemeinschaft.
Andreas Schneiter spricht von einem “Risiko”, das dieses Lager darstellt, er ermuntert die Herrliberger Konfirmanden, “ein bisschen von dem zu spüren, was einen Menschen dazu bewegen kann, sein Leben ganz Gott zu widmen”.

Gewissheit trotz Verzicht
“Haben Sie nie Heimweh”? fragt einer der Jugendlichen den Mönch in Hemd und hellen Jeans, der vor fünf Jahren aus der Schweiz nach Taizé kam. “Meine Heimat ist hier, wo ich das Wichtigste habe: Gemeinschaft und Gebet”, lautet seine Antwort. Wo man zwar alles Äusserliche habe, aber einem das Wesentliche fehle, könne man sich nie zuhause fühlen.
Frère Bruno versteht die jungen Menschen, die nicht alles begreifen mögen, er versteht ihr Befremden über das lange Schweigen in der Kirche, den nie ändernden Tagesrhythmus, den Verzicht, die Enthaltsamkeit, das “immer gleiche Leben” in der Communauté. “Natürlich wägt man zuerst ab, und es gibt viele Gründe, die dagegen sprechen. Aber dann ist da diese weniger logische Ebene, die Gewissheit, dass man so leben möchte, mit Gott leben möchte”, sagt er. Es sei wie der Entscheid zu heiraten: “Ist das nicht auch ein Verzicht auf drei Milliarden andere Menschen?” fragt er die Jugendlichen.

Abgedriftet und nachgedacht

Am Ende der Woche ist das drei Mal täglich wiederkehrende Gebet in der Kirche einigen Jugendlichen fast zu kurz. Natürlich schmerzt das Gesäss wegen des langen Sitzens auf dem harten Nadelfilz. Und es kommen in den stillen Minuten auch negative Gefühle hoch. Aber den Jungen gefällt das gemeinsame, ausgiebige Singen. Es sei faszinierend, in Gedanken “abzudriften”, sagt einer von ihnen, und durch die neue Art des Gottesdienstes habe sie auch einen neuen Blick auf Gott gewonnen, sagt ein Mädchen. “Diese Woche habe ich seit langem wieder einmal über meinen Glauben nachgedacht”, schreibt eine Konfirmandin in ihrem Auswertungsbogen. Das ist wohl schon mehr, als sich Pfarrer Schneiter erhofft hat.

Der Blick in die eigene Tiefe
4000 Menschen singen. 4000 Menschen schweigen, miteinander und doch jeder für sich. 4000 Menschen schauen in dieselbe Richtung. Das ist Taizé - oder was den Heimgekehrten davon bleibt. Und es bleibt viel von diesen fünf Tagen in einer anderen Welt. Mut hat es wohl für die 15 jungen Herrlibergerinnen und Herrliberger gebraucht, in dieses Leben einzutauchen. Einige schwammen länger an der Oberfläche, andere liessen sich treiben, und einige wagten den Blick in die eigene Tiefe. “Gab es Momente, die Mühe machten?” fragt der Pfarrer in der schriftlichen Auswertung. “Der Abschied”, steht auf einem der Blätter.

Anna Moser