Herbst-Konflager im Jura 12. bis 15. Oktober

 

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Fotos: Capaul


Bericht vom « Herbst-Konflager»

Leicht war es nicht mit den diesjährigen Konfirmanden-Lagern. Auch das Herbstlager wurde leider durch einen Todesfall überschattet, so dass ich ganz kurzfristig einen Ersatz für die Tage finden musste. Und dieser ist trotzdem ganz gut gelungen.
„ Tempelwanderung“ hiess das Motto des ersten Tages. Und nach über zwei Stunden mit Bahn und zuletzt auch einem überfüllten Kleinbus erreichten wir unser Ziel. Ein prachtvoller Herbsttag hoch über dem Walensee hiess uns willkommen. Das Paxmal von Karl Bi-ckel empfing uns mit seiner besonderen Atmosphäre, die auch die KonfirmandInnen berührte. Trotz der Morgenkühle liessen wir das Werk des Künstlers, das er mit viel Einsatz über 24 Jahre erbaut hatte, eine Weile auf uns wirken. Die Darstellungen des irdischen und des geistigen Lebens zusammen mit dem traumhaften Ausblick in die Berge und den milden Sonnenstrahlen blieben als Impulse zum Nachdenken den ganzen Tag erhalten.
Nach einer heissen Schokolade im Bergrestaurant wanderten wir in Richtung Laubegg südlich der hohen Türme der Churfirsten. Die einen im Eilschritt, die anderen eher gemächlich, erreichten wir bald eine schöne Wiesenkanzel zur Mittagspause, die sogar ein kleines Nickerchen an der Sonne erlaubte. Der Blick hinunter zum Walensee liess Vorfreude aufkommen. Quinten, eng an den steilen Hängen gelegen, schien gar nicht so weit weg. Der Abstieg über 1100 Meter ging jedoch ziemlich in die Beine, so dass einige auch zwei Tage später den Muskelkater noch spürten. Alle konnten sich aber gratulieren, die vier Stunden anspruchsvoller Wanderung gut gemeistert zu haben, und der sonnige Tag passte zur Stimmung auf der Heimreise.
« Begegnung mit Kultur, die mich angeht», lautete der Titel für den Folgetag, den wir ganz in Zürich verbrachten. Die Ausstellung «Weltbilder» im Helmhaus brachte uns eine Vielzahl von Eindrücken und Anstössen zur eigenen Weltsicht. Lebenseindrücke einer jungen Frau in Moskau, die Strukturen von Kultur und Natur, Strassen, die in die Weite führen, Wartestellen in der Ukraine und Ausschnitte aus einem Leben in Saigon wurden erläutert und etliche Hinweise zu Sinn und Zweck der Exponate gegeben. Am meisten beeindruckt jedoch waren die Jugendlichen von den Bildern aus Rumänien. Das Leiden von Kindern und Behinderten in unmenschlichsten Heimen ist leider noch immer schockierende Realität, und sie ist kaum eine Tagesreise von uns entfernt. Wir schlossen den Museumsbesuch ab mit dem Erzählen von kleinen Geschichten anhand von Einzelfotos, die eine Künstlerin aufgelegt hatte.
Nach der Mittagspause war der Film «Rhythm is it» auf dem Programm – eine eindrückliche Dokumentation des Aufbruchs von Jugendlichen zu sich selbst. Leider hatte jedoch das Kino grad an diesem Tag sein Programm umgestellt und wir mussten schon wieder improvisieren. Nach kurzer Diskussion entschieden wir uns für den Film «Mein Name ist Eugen», der in der Presse ja sehr gute Noten erhalten hat, als Schweizer Erzeugnis. Es war dann auch wirklich zum Lachen, aber nicht wegen dem Film, der derart blöd ist, dass wir uns nur wunderten, wie so etwas überhaupt finanziert werden kann. Zum Lachen war es uns, weil diese Situation – mit Jugendlichen in einem so unpassenden Film, der zudem mehrfach zum Schluss ansetzte, den alle ersehnten und am Ende der reine Kitsch war – weil also diese Situation uns in guter Stimmung nichts anhaben konnte. Wir lachten über uns selbst, und das ist ja eine Kunst, die mancher sich wünscht.
« Grenzbereiche und –erfahrungen» waren angesagt zum dritten Tag des Ersatzlagers. Wir trafen uns zu einer sehr eindrücklichen Austauschrunde im Kirchenhügel. Ausgehend von der Behauptung «No risk no fun» fragten wir nach dem, was wirklich unsere Seele berührt. Eine Meditation zum eigenen Weltinnenraum und das Hören auf weise Worte eines keltischen Pfarrers klangen nach, als die Jugendlichen ihre eigenen Eindrücke miteinander teilten. Es schrieb z.B. einer der Jugendlichen mit Worten, die wohl niemand erwartet hätte: «Ich erlebte die geistige Vollkommenheit, eine Füllung aus Vollendung, die die Seele erheitert». Oder eine andere: «Ich habe mein inneres Ich getroffen. Es war eine Oase. Es war eine spannende Erfahrung». Aber auch die Wanderung brachte noch einiges zum Bemerken: «Mitten auf der Wanderung, auf einem schmalen Weg, sah ich unter mir den See, und in mir kam neuer Mut auf». Und eben der Muskelkater und das lange Hinuntersteigen waren einige Worte wert.
Nach diesen Momenten der Selbstreflexion machten wir uns auf zu einem etwas speziellen Ort. Airodium oder Bodyfly-Center nennt er sich und ist tatsächlich eine Grenz-erfahrung. In einem senkrecht gestellten Windkanal konnten sich alle, die den Mut aufbrachten, mit speziellen Anzügen, Helm und Schutzbrille fallen lassen und fliegen. Instruktoren begleiteten uns bei diesem Abenteuer und flogen mit uns mehrere Meter hoch. Es fühlte sich an wie in einem gewaltigen Sturm, der aber doch die Möglichkeit liess, mit kleinen Körperbewegungen die eigene Fluglage zu bestimmen. Mehrfach versuchten wir, den Anweisungen durch Gesten zu folgen und merkten, wie schwierig es dann letztlich ist, sich kunstvoll als frei fliegender Mensch in der Luft zu halten. Erinnerungsfotos wurden uns zum Abschied noch geschenkt, und mit einigem Ohrensausen begaben wir uns auf den Heimweg von drei sehr unterschiedlichen, aber eindrücklichen Tagen.
Mit freundlichen Grüssen von Haus zu Haus,
Pfr. Carlo Capaul