Winterprogramm

Christ sein heute

 

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Mittwoch, 15. Januar 2003, 20.00 Uhr
in der Büchsenschmitte

Schöpfung - Gottes Erde des Menschen Erde

Einführung durch Marianne Binkert
Referent: Pater Dr. Josef Bruhin, SJ, Zürich

 

Hier weiter zu Mittwoch, 22. Januar 2003

 

 


Die Schöpfung - Werk Gottes oder Betätigungsfeld des Menschen ?

Herrliberg. Am ersten Vortragsabend in der Reihe "Christ sein heute" sprach
Pater Dr. Josef Bruhin zum Thema "Schöpfung - Gottes Erde des Menschen
Erde". Die Veranstaltung war Teil des ökumenischen Winterprogramms der
beiden Herrliberger Kirchgemeinden.
Als dringlich bezeichnete der Referent gleich zu Beginn die Behandlung des
weitreichenden Themas der Schöpfung. Die aktuelle Umweltbelastung durch den
Menschen und seine aktiven Eingriffe in die Kernprozesse des Lebens
verlangen eine adäquate geistige Auseinandersetzuung mit den Grundfragen
über die gottgeschaffene Welt.
Die Bibel beginnt mit dem Satz "Im Anfang schuf Gott den Himmel und die
Erde", der zur Zeit seiner Formulierung eine vollkommen neue Sicht
ausdrückte. Er ist auch heute für den religiös orientierten Zeitgenossen
eine klare Basis des Weltverständnisses. Demgegenüber galt während der
Renaissance die Natur als blosses Objekt, und der Mensch verstand sich als
Herrscher und Eigentümer der Welt.

Zwischen diesen zwei Polen der Weltsicht ist im Laufe der Zeit eine grosse
Zahl religiöser und allgemein philosophischer Gedankengebilde entstanden.
Bruhin vermochte den unerhörten Reichtum des menschlichen Denkens und
Glaubens in diesem weiten Feld deutlich zu machen. Für eine eingehende
Erörterung war der Rahmen zu eng. Der Referent, der über ein profundes
Wissen in Geistesgeschichte, Philosophie und Religion verfügt, nahm auch
Rücksicht auf die weniger ausgeprägten Vorkenntnisse eines grossen Teils
des Publikums. Als ein wesentlicher Gedanke oder Glaubenssatz unter vielen
sei eine Aussage von Martin Luther erwähnt : Gott ist in der Welt schon
immer gegenwärtig, das heisst immanent in der gesamten Schöpfung. Diese
Sicht ist über die Jahrhunderte und in andern Religionen auch von vielen
andern Theologen und Denkern geteilt worden. Gleichzeitig wurde aber seit
jeher Gott als transzendentes Wesen begriffen.


Die Frage eines Zuhörers galt der Entstehung des Weltalls : Wie können die
theologische und die naturwissenschaftliche Ebene zusammengebracht werden ?
Für den Referenten ist es in diesem Zusammenhang durchaus möglich,
Schöpfung zugleich als geistigen, abstrakten und als
naturwissenschaftlichen Begriff zu verstehen. Ein Gegensatz besteht nicht.
Ein weiterer Diskussionsbeitrag betraf das heutige Verhalten des Christen
gegenüber der Schöpfung, eine höchst aktuelle Frage etwa mit Blick auf die
Gentechnologie. Hier postulierte Bruhin klar und grundsätzlich, dass jeder
Eingriff in die Natur, also in die Schöpfung, eine Rechtfertigung brauche.
Im Bereich der Gentechnologie im Besonderen sei grösste Vorsicht geboten.
(mos.)