Winterprogramm

Christ sein heute

Mittwoch, 22. Januar 2003, 20.00 Uhr
in der Büchsenschmitte

Gottes Gerechtigkeit ?

Einführung durch Pfr. Carlo Capaul
Referent: PD Dr. Jan Bauke-Rüegg, Zürich



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Ist Gott gerecht und allmächtig ?


Am zweiten Vortragsabend des ökumenischen Winterprogramms war
Dr. Jan Bauke-Rüegg, Religionswissenschaftler und Privatdozent an der
Universität Zürich, der Referent. Er sprach zum Thema "Gottes Gerechtigkeit
?" Klar gegliedert und mit logischer Abfolge gestaltete Jan Bauke sein
Referat. Die Frage nach der Gerechtigkeit Gottes erscheint demjenigen, der
auf sie eingestellt ist, heute als höchst aktuell. Warum lässt Gott das
Elend, das Böse, die Kriege und Naturkatastrophen und das, was viele
Menschen als ungerecht empfinden, zu ? Wo bleiben die Güte und die
Gerechtigkeit des Allmächtigen ? Seit dem Altertum haben sich die Denker
mit diesem Problem befasst. Die drei Pole der Allmacht Gottes, der Güte
Gottes und des Bösen erscheinen in einer rationalen Sicht als
unverträglich. Zahlreiche Versuche, das Böse zu interpretieren, das heisst
ihm gedanklich eine Funktion zu geben, blieben ohne weiterführende
Ergebnisse.

Im Verlauf der Geistesgeschichte sind Auswege in der Weise gesucht worden,
dass die Allmacht Gottes bestritten oder dass dem Bösen ein Sinn zugeordnet
wurde um es in eine bestimmte Weltanschauung einzufügen. Doch alle
derartigen Bemühungen wurden nicht zu tragfähigen geistigen Elementen.
Luthers Ansicht, dass Gott für uns verborgen ist und seine Fügungen oft
uneinsehbar und unverständlich sind, vermag uns weiterzubringen. Aus einer
solchen Sicht lässt sich ableiten, dass unser Glaube, unsere Hoffnung und
Nächstenliebe für unser Verhalten und Handeln viel bedeutsamer sind als
rationale Antworten auf die Frage nach der Gerechtigkeit Gottes.

Jan Bauke liess viel Zeit für den Gedankenaustausch mit dem Publikum. Die
Aeusserungen aus dem Kreis der theologischen Laien belegten, dass manche
der Anwesenden gedanklich ernsthaft auf der Suche sind nach tragfähigen
Vorstellungen, wenigstens für sich selber. So wurde Gott eine Vernunft und
eine Gerechtigkeit zugestanden, die ganz anders als die unsrigen sind. Dies
soll uns nicht daran hindern, das zu tun, was wir im Sinne der christlichen
Religion tun können. Bereits Luther hat seinen Zeitgenossen geraten, an dem
festzuhalten, was einmal wirklich da war und weiter zu wirken vermag: Jesus
Christus, seine Ueberzeugung und sein Handeln.

Der Abend war in zweifachem Sinne höchst bereichernd: durch die anregenden
und klar formulierten Gedanken von Jan Bauke und durch die Offenheit, mit
der die Zuhörerinnen und Zuhörer ihr Suchen und ihre Ansichten darlegten.
(mos.)